Vorsicht auf dem Schnäppchenmarkt!

Schnäppchen sprechen viele Menschen an. Gerade bei "Nebensächlichkeiten" wie der IT, wird bevorzugt nach kostengünstigen Angeboten geschaut. Dabei sollte man sich jedoch bewusst sein, was man dafür bekommt.

Inhalt
  • Aktuelle Situation auf dem Schnäppchenmarkt
  • "Maßgeschneiderte Website für 350 € VB"
  • Und das bekommst du unter Umständen
    1. Fragwürdiger Code: Ist das WordPress oder kann das weg?
    2. Langfristige Betreuung? Fehlanzeige!
  • Kann das funktionieren? (M)eine Beispielrechnung
  • Fazit: Qualität kostet

Aktuelle Situation auf dem Schnäppchenmarkt

Wer sich einen Webauftritt oder eine Anwendung entwickeln lassen möchte, wird im Internet suchen. Klar, wo sonst? Relativ schnell gelangt man dadurch auf einschlägige Portale, auf denen Freelancer zu vermeintlichen Dumpingpreisen Anwendungen jeglicher Art „kreieren“ (bewusst spreche ich hier nicht von Entwickeln). Daran ist per se nichts Falsches. Schließlich sind gerade "Einzelkämpfer" auf kleinere Aufträge angewiesen. Daher möchte ich auch nicht alle über einen Kamm scheren, denn auch auf diesen Portalen tummeln sich regelrechte Profis und Meister ihres Faches. Mitunter wird man aber als potenzieller Auftraggeber auf vermeintliche Schnäppchen stoßen, denen man lieber mit Vorsicht begegnen sollte. Warum das so ist? Nun ja, nach den nächsten Zeilen bist du schlauer.

"Maßgeschneiderte Website für 350 € VB”

Bleiben wir bei diesem Blogeintrag der Einfachheit halber bei einer Website. Außerdem fällt mir dazu ein hübsches Beispiel aus der Praxis ein: Ein Angebot mit obigem Slogan flatterte mir durch einen Kunden ins E-Mail-Postfach. Wir befanden uns gerade in der Planungsphase seines Projekts und kamen dabei natürlich auch auf das leidige Thema “Geld” zu sprechen. Selbstverständlich schaut man sich dabei auch immer etwas um. Würde ich auch tun, denn Geld verschenken möchte wohl niemand von uns. Entsprechend gelassen nahm ich auch den Link zur Kenntnis, einzig der Preis machte mich stutzig. Eine maßgeschneiderte Website, die “100 % responsive” ist, über Grafiken verfügt und dazu noch eine (korrekte) Datenschutzerklärung enthält, interessierte mich doch sehr. Schließlich reden wir hier über einen Bruchteil dessen, was ich verlangen würde. Voller Eifer las ich mir also das Angebot durch und stöberte noch ein wenig weiter. Hierbei konnte ich sogar ein Angebot für 199 € ausmachen - Schwabenherzen dürften höher schlagen! Allerdings konnte ich nach ca. 1 Stunde meine Recherche beruhigt beenden, seriöse Angebote waren nicht dabei, von der Professionalität möchte ich lieber nicht reden.

Und das bekommst du unter Umständen

Wie gesagt, ich möchte keinesfalls alle kostengünstigen Anbieter über einen Kamm scheren. Es mag in dieser Preisspanne durchaus, eventuell, unter Umständen, mit viel Fantasie Anbieter geben, die professionelle Arbeit abliefern. Als ich mir aber mal Beispiele von ein paar Anbietern angeschaut habe, ließ sich relativ schnell herausfiltern, dass die Endprodukte sich häufig ähneln. Zumindest, was das Ergebnis anbelangt. Denn für das vermeintliche Schnäppchen erhält man Folgendes:

Fragwürdiger Code: Ist das WordPress oder kann das weg?

Einige Anbieter waren so nett, Beispielseiten von zufriedenen Kunden zu verlinken. Dem Internet sei Dank, kann man da durch einen Blick auf den Code werfen. Gesagt, getan und nicht schlecht gestaunt. Denn was da auf gefühlten 1000 Seiten stand, war alles, aber keine saubere Arbeit. Im Gegenteil wirkte es eher so, als hätte sich jemand mit WordPress ordentlich ausgetobt. Witzigerweise ohne die Datenschutzerklärung anzupassen, denn so viele nicht angegebene Cookies habe ich in der Tat noch nie gesehen. Allerdings wäre dies eventuell noch zu verschmerzen gewesen, wenn das Ergebnis dafür halbwegs brauchbar gewesen wäre. Aber bei 4 von 5 angesehenen Websites kam ich aus dem Lachen nicht heraus: Der Code war zwar für Handys und Laptops angepasst, aber keineswegs für Tablets und größere Bildschirme. Viel schlimmer fand ich aber den Sicherheitsaspekt. Eigentlich brauche ich hierfür nicht viele Worte aufzubringen. Bei solch “fragwürdigen” Code braucht man nicht an Sicherheit zu denken. Selbst einfache Prinzipien wurden nicht beachtet oder schlichtweg ignoriert. Entsprechend kürze ich das Ganze ab. Da alle von mir betrachteten Beispiele via WordPress erstellt wurden, kamen auch die bekannten Sicherheitslücken exemplarisch zum Vorschein. Wobei ich erstaunt war, in den meisten Fällen wurden veraltete Plug-ins und Themes verwendet.

Langfristige Betreuung? Fehlanzeige!

Was uns zum nächsten Problem führt. Denn für den Preis gibt es nur eine Website. Eine anschließende Wartung oder Betreuung des Webprojekts sind nicht vorgesehen. Zumindest hat dies kein Anbieter angeboten. Allerdings ist diese “Nachsorge” ein wichtiger Aspekt. Denn eine Website muss weiterentwickelt werden. Gerade, wenn man WordPress oder andere Content-Management-Systeme nutzt. Andernfalls setzt man sich bewusst Sicherheitsrisiken aus. Von fehlender Funktionalität ganz zu schweigen. Wer will das schon?

Kann das funktionieren? (M)eine Beispielrechnung

Der geneigte Leser wird sich eventuell fragen, warum ich bei meiner Recherche so gelassen reagiert habe. Ganz einfach, weil es für diese Preise alles gibt. Aber bestimmt keine (nutzbringende) Website, die die oben genannten Versprechen erfüllt. Ganz konkret erläutere ich das gerne an einer Beispielrechnung. So oder so ähnlich fällt eine Aufschlüsselung meiner Arbeitsstunden aus, wenn ich mich an das Entwickeln einer “einfachen” Website setze. Damit das Ganze halbwegs transparent vonstattengeht, erläutere ich die einzelnen Punkte. Möchte aber eins betonen: Es handelt sich um eine Beispielrechnung.

Planung und Konzept: 4 Stunden

Ein kleiner Schritt für mich, ein großer für den Kunden. Die Zielgruppe wird analysiert, der eigentliche Sinn der Website erforscht. Zugegeben, kein allzu kleiner Schritt. Denn hier werden die ersten Weichen gestellt.

Design: 4 Stunden

Ein individuelles Mockup wird erstellt und eventuell vorhandene Designs werden angepasst. Hierbei wird auch der erste Entwurf für das sagenumwobene “Responsive Design” erstellt. Schließlich soll der Webauftritt auch auf allen Geräten glänzen. Nebenbei wird noch ein wenig Nutzererfahrung/-freundlichkeit eingestreut. Denn die schönste Website bringt nichts, wenn der Nutzer sie einfach nicht nutzen kann.

Entwicklung: 5 Stunden

Das Herzstück. Das Frontend wird entwickelt, das Backend wird erstellt. Es handelt sich also um die Programmierung der Website. So banal wie es klingt, ist es gar nicht. Nicht nur der HTML-Code wird in die Tastatur gehauen. Auch die Integrationen und das Responsive Design werden umgesetzt.

Inhalte einpflegen: 4 Stunden

Was soll ich dazu groß schreiben? Eine Website ohne Inhalte wäre irgendwie…blöd! Entsprechend müssen Texte und Grafiken eingefügt werden. Im Optimalfall stehen diese alle in den entsprechenden Formaten parat. Außerhalb dieser Traumwelt müssen diese noch bearbeitet und angepasst werden. Wer jetzt bei den 4 Stunden stutzig wird, der sollte bedenken, dass dazu auch die Datenschutzerklärung zählt.

Testing: 2 Stunden

Soweit, so gut, die Website steht. Jetzt darf fröhlich getestet werden. Immerhin soll ja auch alles korrekt funktionieren. Nichts ist ärgerlicher als eine Website, die ohne intensives Testing an den Start geht und nach 4 Stunden wieder offline gehen muss.

Launch: 2 Stunden

Zu guter Letzt: Der Launch. Die Website geht online. Der Server wird eingerichtet, Domain- und DMS werden konfiguriert und und und …

Etwaige Korrekturen: 2 Stunden

Auch Korrekturen gehören dazu. Schließlich trifft man nicht immer 100 % die Erwartungen des Kunden. Entsprechend müssen Korrekturschleifen mit einkalkuliert werden, damit das Endergebnis alle Erwartungen übertrifft… Zumindest im Idealfall.

In Summe sind wir hier bei 23 Stunden, wobei nochmal erwähnt sei: Es handelt sich um eine Beispielrechnung für eine einfache Anwendung. Und da habe ich bewusst knapp kalkuliert. Allerdings zeigt das Beispiel schon: obige Preise können nicht funktionieren.

Fazit: Qualität kostet

Wer hätte es gedacht? Zugegeben, es überrascht nicht. Es ist wie überall, Qualität kostet. Gerade wer billig "einkauft", riskiert unnötig hohe Folgekosten und Probleme. Daher sollte man bei kostengünstigen Angeboten ein gewisses Misstrauen an den Tag legen.